Eine der häufigsten Fragen: Ist Edelstahl magnetisch?
Kaum ein Thema sorgt bei Kunden und Fachleuten gleichermaßen für so viele Fragen wie die Magnetisierbarkeit von Edelstahl. Oft hört man Aussagen wie „Edelstahl ist nicht magnetisch“. Doch stimmt das wirklich? Die Antwort ist: Es kommt auf die Legierung, das Herstellungsverfahren und die mechanische Bearbeitung an. In diesem Beitrag erklären wir, wann Edelstahl magnetisch ist, warum das so ist und was das in der Praxis bedeutet.
Austenitischer Edelstahl – normalerweise nicht magnetisch
Die im Geländerbau und Metallbau am häufigsten eingesetzten Edelstähle sind V2A (1.4301) und V4A (1.4571 / 1.4404). Diese Werkstoffe gehören zur Gruppe der austenitischen Edelstähle. Austenit zeichnet sich durch ein kubisch-flächenzentriertes Kristallgitter aus, das keine ferromagnetischen Eigenschaften besitzt. Das bedeutet: Im Ausgangszustand sind diese Edelstähle nicht magnetisch.
Warum Edelstahl trotzdem magnetisch wirken kann
Obwohl austenitischer Edelstahl eigentlich nicht magnetisch ist, lässt sich in der Praxis oft eine magnetische Anziehung feststellen. Der Grund dafür ist die Kaltverformung.
Unter Kaltverformung versteht man die plastische Umformung eines Werkstücks unterhalb seiner Rekristallisationstemperatur. Typische Verfahren sind Biegen, Walzen, Tiefziehen oder Stanzen. Durch diesen Prozess verändert sich das Kristallgitter teilweise: Austenit wandelt sich in verformungsinduzierten Martensit um. Martensit ist ferromagnetisch – und genau dieser Gefügeanteil sorgt für Magnetismus.
Praxisbeispiele aus dem Geländerbau
Ein anschauliches Beispiel sind unsere Handlaufträgerbügel. Diese werden aus Vollmaterial geformt und gebogen. Dabei entstehen unvermeidlich Bereiche mit Kaltverfestigung, die anschließend magnetisch reagieren. Das bedeutet nicht, dass die Qualität oder Korrosionsbeständigkeit leidet – im Gegenteil: Die Bauteile bleiben witterungsbeständig und rostfrei.
Ganz anders ist die Situation bei Glasklemmen aus V2A. Diese werden im Gussverfahren hergestellt. Da hier keine plastische Umformung erfolgt, bleibt das Gefüge vollständig austenitisch. Solche Bauteile sind in der Regel nicht magnetisch und zeigen auch nach der mechanischen Endbearbeitung (z. B. Schleifen, Polieren) keine nennenswerte Magnetisierung.
Hat Magnetismus Einfluss auf die Qualität?
Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass magnetischer Edelstahl minderwertig sei oder schneller rostet. Das ist falsch. Die Korrosionsbeständigkeit hängt ausschließlich von der chemischen Zusammensetzung (Chrom-, Nickel-, Molybdängehalt) und der Oberflächenbehandlung ab – nicht von der Magnetisierbarkeit.
Ob ein Edelstahlteil magnetisch ist oder nicht, sagt also nichts über seine Qualität oder Beständigkeit aus. Im Gegenteil: Viele hochwertige Edelstahlprodukte können durch ihre Fertigung magnetische Eigenschaften aufweisen und trotzdem hervorragend gegen Rost geschützt sein.
Fazit
Die Frage „Ist Edelstahl magnetisch?“ lässt sich also nur differenziert beantworten:
- Austenitischer Edelstahl (z. B. V2A, V4A): Im Grundzustand nicht magnetisch.
- Nach Kaltverformung: Teilweise magnetisch durch Bildung von Martensit, z. B. bei Handlaufträgerbügeln.
- Gegossene Bauteile: In der Regel nicht magnetisch, wie bei Glasklemmen.
Für die Praxis im Metall- und Geländerbau bedeutet das: Magnetismus ist kein Qualitätskriterium. Entscheidend ist die richtige Materialwahl für den jeweiligen Einsatzbereich. Ob magnetisch oder nicht – beide Varianten erfüllen höchste Ansprüche an Stabilität, Sicherheit und Langlebigkeit.
